Farben für die Balkanroute


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Gemeinsam mit verschieden Künstler*innen und Aktivist*innen fuhren wir im August 2022 mit einem Auto voller Farben in den Nordwesten von Bosnien und Herzegowina. Wir waren dort, um gemeinsam mit illegalisierten Reisenden Zeit zu verbringen und die Umgebung, in der sie gezwungen sind zu leben, etwas bunter und damit lebenswerter zu machen. Unsere Idee war es, den Menschen ein bisschen von dem Respekt und der Würde zu schenken, die ihnen sonst so oft verwehrt bleibt.



Viele Menschen halten sich im Nordwesten Bosniens auf, weil dort die letzte streng bewachte Grenze auf sie wartet, bevor das Territorium der vielversprechenden Europäischen Union beginnt. Viele Leute versuchen dort, je nach finanziellen Mitteln, zu Fuß, per Bus oder per »Taxi« Richtung Westen zu reisen.

Illegale Abschiebungen inklusive brutaler Misshandlungen (»Pushbacks«) der kroatischen Polizei, sowie eine zum Teil rassistisch motivierte Ablehnung durch die lokale Bevölkerung zwingt Flüchtende dazu, sich teilweise über Monate hinweg in den Wäldern oder Bauruinen rund um Orte wie Bihać, Velika Kladuša oder Vrnograč zu verstecken. Dementsprechend grau gestaltet sich der Alltag, denn eine Teilnahme am lokalen Zusammenleben wird dadurch nahezu ausnahmslos verhindert.


Als wir in Bihać starteten fiel schnell auf, dass unser eigentlicher Plan gar nicht so leicht umzusetzen war, wie anfangs gedacht. Bei unseren letzten Aufenthalten vor Ort waren alle stillgelegten Fabriken voll mit Menschen. Bei unserem letzten Besuch war das nicht der Fall. Zum einen verbarrikadieren die lokalen Behörden viele dieser Rückzugsorte und räumen die übriggebliebenen, sog. »Squads«, in kürzeren Abständen – zum anderen wirkte die Grenze durchlässiger als gewöhnlich. Die freiwillig Helfenden vor Ort schätzen, dass das (u.a.) auf die Professionalisierung der Schmuggelnden oder auch auf die Abnahme der Repressionen der kroatischen Polizei zurückzuführen sei.

Da Kroatien im Januar 2023 dem Schengen-Raum beitritt, scheint es, als würden sie der EU nicht mehr beweisen zu müssen, wie brutal man die EU-Außengrenze bewachen kann.

Das führt dazu, dass die Menschen nahezu täglich ihre Fluchtversuche starten können und oft »nur« für ein bis zwei Nächte in den übriggebliebenen Baracken unterkommen, um ein wenig Kraft zu tanken, oder sich von Pushbacks zu erholen.

Deshalb konnten wir in Bihac nicht gemeinsam mit People on the Move malen. Nichtsdestotrotz wollten wir den Leuten die ein oder andere aufmunternde Nachricht hinterlassen. Daraufhin fragten wir die Volunteers vor Ort, welche Dinge in ihrer Arbeit häufig wiederkehren und malten mit einem kleinen Augenzwinkern Wanderschuhe, Powerbanks und Monster Energy-Dosen an die vorhandenen Flächen.

In Velika Kladuša, einem weiteren, noch kleineren Ort, noch näher an der Grenze, ist die Situation etwas anders. Dort trafen wir schnell Menschen, bei denen wir mit unseren Farbdosen, -eimern, Pinseln, Rollen und Leitern direkt für ein wenig Ablenkung und Spaß sorgen konnten. Bei entspannter Atmosphäre, Musik, Kaffee und Tee entstanden so einige Graffitis und Rollups, an denen sich vermutlich noch der ein oder andere zukünftig Ansässige amüsieren wird.

Wir haben versucht, uns so respektvoll wie möglich zu verhalten. Uns war wichtig, dass wir nicht in fremde Lebensräume platzen und dort ungefragt loslegen. Stattdessen hatten wir stets ein paar Snacks und Getränke dabei, um erst ein paar gemeinsame Skizzen zu entwerfen, bevor wir dann begannen, zu malen.

Darüberhinaus standen wir auch im engen Austausch mit einigen der vor Ort arbeitenden NGOs. Dessen Mitarbeitende luden wir immer wieder ein,  mitzumachen. Gemeinsames, aktives Zeit-verbringen hilft den Freiwilligen vor Ort, Vertrauen aufzubauen, Bedürfnisse zu erfahren und passende Hilfe anzubieten.  


Als wir einmal zum Essen eingeladen wurden, malten wir schnurstracks das Rezept des Abends an eine der verfügbaren Wände. „Le Kabuli Pulao“ stand nämlich auf dem Speiseplan und dementsprechend dampften sowohl die Farbdosen als auch der Kochtopf gleichzeitig.

Learnings


Bezüglich der Interaktion mit den jeweiligen Gastgebenden können wir noch viel lernen. Selten ließen sich die Leute davon abbringen Nationalfahnen oder ähnliche Symbole zu malen. Dementsprechend überlegen wir nun, wie wir beim nächsten Mal mehr Anreize schaffen können.

Was hingegen viel besser funktionierte als erwartet, war die Zusammenarbeit mit den freiwillig Helfenden. Die Leute der No Name Kitchen empfingen uns mit offenen Armen und waren sich nie zu schade, uns zu unterstützen – trotz ihrer anstrengenden 6-Tage-Woche. Wir haben das Gefühl, dass wir auch ihnen mit unserem Projekt ein wenig Kraft, Ablenkung und Wertschätzung schenken konnten.


Abrechnung


Wir hatten im Vorfeld unserer Tour 2100 Euro eingesammelt: 600 Euro kamen von zwei kleinen Kollektiven, ca. 1000 Euro von einer Paypal-Crowdfunding-Kampagne und 500 Euro durch einen Soliabend in einer Berliner Kneipe.

Von diesen Spenden haben wir für 380 Euro 114 Farbdosen gekauft, für 200 Euro 15 Schlafsäcke und für 300 Euro Akkuschrauber, Handkreissäge und Flex, da dem Team von No Name Kitchen wenige Wochen vor unserer Anreise ins Lager eingebrochen wurde. In Velika Kladuša kauften wir außerdem für circa 200 Euro SIM-Karten und Kopfhörer, sowie Kaffee, Tee und Snacks, um es in den Squads mit den Leuten zu teilen.

Der mit Abstand größte Kostenfaktor war der Sprit für unser Auto. Fast 900 Euro kostete uns alleine die An- und Abreise. Die übrigen Farbdosen ließen wir vor Ort, damit die freiwillig Helfenden sie weiterhin nutzen können. Eine detaillierte Abrechnung ist öffentlich abrufbar.

What’s next


Wir haben während der Tour viel gefilmt und arbeiten gerade an einem kleinen Film der dieses Projekt dokumentiert. Wir hoffen, damit Leute zu erreichen, die sich sonst nicht für die Probleme entlang der Balkanroute interessieren und hoffen insgeheim auf weitere Spenden für die No Name Kitchen.

Darüber hinaus ist bereits das Anschlussprojekt “Beats für die Balkanroute” in Planung: Mit einem ähnlichen Konzept wollen wir Ende Oktober DJs in die Grenzregion Bosniens bringen, die sich mit den Menschen vor Ort über Musik austauschen.

Beide Projekte sind quasi Piloten für eine eigene kleine NGO, welche dafür sorgen soll, Kunst- und Kulturschaffende auf die Balkanroute zu bringen. Es soll eine Art Schnittstelle entstehen, die interessierte Künstler*innen und Hilfsorganisationen miteinander verbindet.

Der Austausch von Kultur hilft den Freiwilligen vor Ort auf ähnliche Weise, wie der Austausch von Kleidung: Durch die intensive, soziale Interaktion entsteht ein Vertrauensverhältnis, das dabei hilft, die Probleme der Reisenden frühzeitig zu erkennen und passende Hilfe anzubieten.